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Stellen Sie sich vor, Sie könnten plötzlich nichts mehr hören. Nicht die Stimme Ihrer Lieben, nicht Ihre Lieblingsmusik, keine Geräusche im Alltag. Ein schrecklicher Gedanke. Der Hörsinn ist unsere Verbindung zu anderen Menschen und unserer Umwelt, gilt daher auch als Sinn des Lebens. Umso gravierender sind die Folgen, wenn das Gehör nicht mehr richtig funktioniert. Über die Ursachen, Auswirkungen und Behandlungsmöglichkeiten von Hörminderungen möchte der Welttag des Hörens aufmerksam machen, der alljährlich am 3. März stattfindet. Zu den Initiatoren des Welttags des Hörens gehören die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Bundesverband der Hörgeräte-Industrie, an dem internationalen Aktionstag gibt es zahlreiche Informationsveranstaltungen in ganz Deutschland. Besonders spannend: Am Welttag des Hörens kann jeder Interessierte einen kostenlosen Hörtest bei einem Hörakustiker in der Nähe absolvieren – und so checken, wie es um sein Gehör bestellt ist.
Menschen, die eine sogenannte Tonsprache als Muttersprache haben, besitzen besonders häufig ein absolutes Gehör. Sie sind wie Beethoven und Mozart in der Lage, die Höhe eines jeden gehörten Tons exakt zu bestimmen und in ein Notensystem einzuordnen. Bei einer Tonsprache wie dem chinesischen Mandarin kann ein Wort je nach Tonlage völlig verschiedene Bedeutungen haben, es kommt auf präzises Sprechen und Hören an – und das trainiert offenbar: In einer US-Studie konnten Musikstudenten mit der Muttersprache Mandarin wesentlich öfter die exakte Höhe von Töne bestimmen als ihre Kommilitonen mit anderen Muttersprachen.
Frauen können besser zuhören – an dem viel zitierten Klischee ist etwas dran: Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass Frauen tatsächlich Gesprochenes besser verstehen als Männer. Das gilt insbesondere für den Frequenzbereich von 1.000 Hertz, der für das Sprachverständnis entscheidend ist. Damit nicht genug: Bei Frauen lässt das Hörvermögen im Alter deutlich weniger nach, bei Männern verschlechtert es sich doppelt so schnell. Wissenschaftler vermuten, dass weibliche Hormone wie Östrogen die Ohren von Frauen vor schnellem Hörverlust schützen.
Krach nervt nicht nur, Krach kann krank machen – mit womöglich dramatischen Folgen: In Europa sterben alljährlich etwa 10.000 Menschen an den Folgen von Lärm. Lärmbelastung wirkt sich mittel- und langfristig schädlich auf Herz und Kreislauf aus, da sie körperliche Stressreaktionen auslöst. Für Stress sorgt dabei bereits Lärm, der nicht unmittelbar hörschädigend ist, wie zum Beispiel Straßenverkehrslärm.
Menschen mit Hörverlust können häufig schwer beschreiben, wie sich ihre akustische Wahrnehmung verändert. Sie hören nicht einfach nur leiser, ihr Hörvermögen verändert sich schleichend. Zuerst gehen in der Regel die hohen Frequenzen verloren, Betroffene verstehen hohe Töne schlechter oder sogar gar nicht. Das gilt vor allem für Zischlaute wie die Konsonanten „F“ und „S“. Für die Betroffenen klingt das Gehörte dumpf, als käme es durch eine dicke Wand, die genauen Symptome sind aber von Mensch zu Mensch unterschiedlich – so wie auch gesunde Menschen unterschiedlich gut hören.
Wird eine Schwerhörigkeit im fortgeschrittenen Lebensalter nicht erkannt und behandelt, kann das weitreichende Auswirkungen haben: Durch den Hörverlust gewöhnt sich das Gehirn an das verminderte Hören – was den Hörverlust beschleunigt. Ein Teufelskreis. Schwerhörigkeit hat zudem oft sozialen Rückzug zur Folge, das wiederum kann sich negativ auf die geistige Leistungskraft auswirken. Mediziner zählen daher unbehandelte Schwerhörigkeit zu den größten Risikofaktoren für Altersdemenz und Depressionen.
Am 27. August 1833 hörten Farmer in der Nähe des australischen Ortes Alice Springs Geräusche, die wie zwei Schüsse klangen. Die Geräusche hatte jedoch kein Gewehr, sondern ein 3.600 Kilometer entfernter Vulkan auf der indonesischen Insel Krakatau verursacht. Seine Eruption war so heftig, dass das Eiland fast vollständig zerfetzt wurde. Der Vulkanausbruch gilt als das lauteste jemals von Menschen gemessene Geräusch – in 160 Kilometer Entfernung zeigten Messgeräte noch 180 Dezibel an. Genug, um ein menschliches Trommelfell platzen zu lassen. Ein Schallpegel von etwa 200 Dezibel ist für den Menschen tödlich.
Der stillste Raum der Welt – laut Guinness-Buch der Rekorde befindet er sich im US-Bundesstaat Minnesota. Das stille Örtchen absorbiert 99,99 Prozent aller Geräusche, das Unternehmen Orfield Laboratories nutzt den Raum zur Klangforschung. Er ist nur über zwei Panzertüren zu erreichen, die Wände bestehen aus etwa einem Meter dicken Fiberglas. Wer sich länger in diesem Raum aufhält, hört sein eigenes Herz schlagen und seine Lungen arbeiten – länger als 45 Minuten soll das noch niemand ausgehalten haben!
Das Ohr ist nicht nur zum Hören da – im Innenohr befindet sich auch das Gleichgewichtsorgan, das sogenannte Vestibularorgan. Störungen des Gleichgewichtssinns können sich unterschiedlich äußern, etwa in Form von Schwindel, Unwohlsein, Übelkeit und Sehstörungen. Die Ursachen sind ebenfalls verschieden und zum Teil völlig harmlos, so bringen zum Beispiel Drehkarussells auf dem Kinderspielplatz den Gleichgewichtssinn kurzzeitig durcheinander. Auch Erkrankungen wie eine Innenohrentzündung können Störungen verursachen
Die frühen Hörgeräte waren streng genommen gar keine: Im 17. Jahrhundert kamen die ersten Hörhilfen zum Einsatz. Es handelte sich dabei um trichterförmige Hörrohre, die den Schall direkt in den Gehörgang leiteten und immerhin um bis zu 30 Dezibel verstärkten. 1898 entwickelte dann der US-Ingenieur Miller Reese Hutchinson das erste elektrische Hörgerät, das auf dem Prinzip des Telefons aufbaute. In Deutschland ist die KIND Hörgeräte GmbH Marktführer im Bereich Hörgeräteakustik, das Unternehmen mit Sitz in Großburgwedel bei Hannover zählt außerdem weltweit zu den erfolgreichsten Firmen der Branche.
Hörgeräte sind heutzutage kleine Hightech-Wunder – doch Wissenschaftler geben sich damit nicht zufrieden und tüfteln an weiteren Innovationen. Über ein besonders spannendes Projekt berichtet das Bundesministerium für Bildung und Forschung: Eine Arbeitsgruppe der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes will Hörhilfen entwickeln, die sich den bewussten Hörabsichten ihres Trägers automatisch anpassen. Spezielle Sensoren sollen zum Beispiel ermitteln, mit welcher Person aus einer Gruppe sich der Träger auf einer Party unterhalten möchte und die Richtmikrofone der Hörgeräte entsprechend steuern. Das soll dem sogenannten Cocktailparty-Effekt entgegensteuern – also dem Phänomen, dass Hörgeräteträger in Situationen mit starken Hintergrundgeräuschen einen Gesprächspartner nicht verstehen.
Quellenverweise:
www.wissenschaft.de/home/-/journal_content/56/12054/1112484/
www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsB/Geda2010/Hoerbeeintraechtigungen.pdf?__blob=publicationFile
www.ratgebergesund.de/frauen-hoeren-besser-als-maenner/
www.focus.de/gesundheit/news/studie-frauen-hoeren-besser_aid_314471.html
www.hcc-magazin.com/hoeren-sie-was-6-fakten-rund-ums-hoeren/13627
www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/laermwirkung/stressreaktionen-herz-kreislauf-erkrankungen
https://www.xn--initiative-hrgesundheit-jlc.de/images/download/EuroTrak%20H%C3%B6rstudie%20Deutschland%202022_erl%C3%A4utert.pdf
https://www.thelancet.com/commissions/dementia2020
www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Schwerhoerigkeit-steigert-Demenzrisiko,hoeren140.html
www.forschung-und-wissen.de/magazin/natur-landschaft/das-sind-die-lautesten-geraeusche-der-welt-13372320
www.welt.de/wissenschaft/article160308062/Der-stillste-Ort-der-Welt.html
www.onmeda.de/symptome/gleichgewichtsstoerungen.html